Mario Interview
ute Leistungen in der U21-Nationalmannschaft sowie ein Tor und zwei Torvorlagen am vergangenen Bundesliga-Spieltag gegen Werder Bremen haben Gomez' Selbstbewusstsein gesteigert. Zumal Trainer Armin Veh ihm den Vorzug vor Topstürmer Jon Dahl Tomasson gab. In der Partie gegen Eintracht Frankfurt am Samstag hofft er, wieder von Anfang auflaufen zu dürfen.
Netzeitung: Im Fußball-Magazin «Rund» gibt es eine Serie über Sie. Darin wird jeden Monat nachgefragt: Was macht Gomez? Es scheint, als seien die deutschen Fußball-Fans sehr an Ihrer Entwicklung interessiert...
Mario Gomez: Letztes Jahr hat «Rund» die Serie mit Patrick Helmes vom 1. FC Köln gemacht.
Netzeitung: Der ist Ihr Sturmkollege in der U21-Nationalmannschaft und in Köln mittlerweile zum Nachfolger von Lukas Podolski aufgestiegen...
Gomez: Die Texte über Patrick habe ich immer gelesen. Und als «Rund» angefragt hat, ob ich bei der Rubrik mitmachen würde, habe ich sofort ja gesagt. Ob die Leser tatsächlich an meiner Entwicklung interessiert sind, kann ich nicht sagen. Aber ich werde auf der Straße öfter mal darauf angesprochen, was ich so treibe. Ich finde es schön, wenn die Leute etwas über mich wissen wollen.
Netzeitung: Als Felix Magath noch Trainer in Stuttgart war, galten Sie als Riesentalent. Während Sie damals in der Champions League spielten, war in der vergangenen Saison Regionalliga angesagt... War das für Sie eine Rückstufung?
Gomez: Nein, unter Felix Magath war das eine ganz andere Situation. Damals war ich noch in der A-Jugend, habe aber schon bei den Amateuren gespielt. Bei den Profis kam es zu der Zeit zu einem Stürmermangel. Felix Magath hat mich mittrainieren lassen, und dann durfte ich als Krönung mit zum FC Chelsea zum Champions-League-Spiel. Es war Wahnsinn. Mein erstes Profispiel und dann gleich Champions League - und auch noch gegen Marcel Desailly.
Als wir nach Stuttgart zurückkamen, war für mich klar, dass ich erst einmal bei den Amateuren meine Leistung bringen muss. Es war kein Problem für mich, denn ich war damals erst 18 Jahre alt. Ich war noch gar nicht drin im Profigeschäft. Bei den Amateuren habe ich mich dann für die erste Mannschaft empfohlen, seit zwei Jahren bin ich fest dabei bei den Profis.
Netzeitung: Nachwuchs-Bundestrainer Dieter Eilts hat Ihnen im September sein Vertrauen geschenkt und in den Kader für die Spiele gegen Nordirland und Rumänien berufen. Wie wichtig waren die EM-Qualifikationsspiele für Ihre Entwicklung?
Gomez: Sehr, sehr wichtig. Ich habe mich danach persönlich bei Dieter Eilts bedankt. Ich steckte kurz nach dem Saisonstart mit dem verkorksten ersten Spiel gegen den 1. FC Nürnberg in einer schwierigen Phase. Ich bin aus Mannschaft geflogen, und dann kam das Spiel gegen Rumänien, wo ich beim 5:1 das erste Tor erzielt habe. Ich konnte richtig Selbstvertrauen tanken, und damit bin ich nach Stuttgart zurückgekehrt. Kurz darauf hat mich auch Armin Veh im Training wieder gelobt – und mir letztlich die Chance gegeben in Bremen von Beginn an zu spielen.
Netzeitung: Das wird er nicht bereut haben. Der VfB Stuttgart gewann 3:2.
Gomez: Ja, ich habe meine Chance genutzt.
Netzeitung: Sie haben das Siegtor erzielt und die zwei Treffer davor vorbereitet. Danach versuchten Sie aber die Euphorie zu bremsen. Sie hätten gelernt Lobeshymnen nicht allzuviel Bedeutung beizumessen, war auf Ihrer Homepage zu lesen.
Gomez: Ich weiß, dass ich im ersten Saisonspiel einfach schlecht war. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass so viel Kritik auf mich einstürzen würde. So was Extremes habe ich noch nicht erlebt. Ich habe versucht, das links liegen zu lassen und einfach keine Zeitung mehr gelesen. Genau so habe ich es nach dem 3:2 im Spiel gegen Bremen gehalten. Natürlich freue ich mich über Lob, aber ich weiß jetzt auch, wie schnell es geht, und schon ist man wieder unten. Und mal ehrlich, bloß weil ich mal ein gutes Spiel gemacht habe, steht es mir gar nicht zu, mich in Glückwünschen zu baden.
Netzeitung: Der «Kicker» führte sie am Montag als «Spieler des Spiels». Bedeutet Ihnen das etwas?
Gomez: Das ist schon eine schöne Bestätigung. Der «Kicker» ist ja das Sportblatt. Es ist wie eine kleine Belohnung dafür, dass ich gut gespielt und mich voll reingehauen habe.
Netzeitung: Sie haben Jon Dahl Tomasson aus dem Sturm verdrängt.
Gomez: Jon hatte Probleme mit der Wade. Er ist ein Riesenstürmer, und ich kann noch viel von ihm lernen.
Netzeitung: Er saß aber auf der Ersatzbank – und Armin Veh hat entschieden, dass Sie spielen.
Gomez: Und damit hat er alles richtig gemacht.
Netzeitung: Sie haben zwei neue Kollegen bekommen - die Mexikaner Pavel Pardo und Ricardo Osorio. Sprechen Sie mit ihnen spanisch?
Gomez: Ganz zum Anfang, als Pavel und Ricardo kamen, haben sie kaum deutsch verstanden. Ich habe viel übersetzt und viel mit ihnen gesprochen. Auch unsere Brasilianer Cacau und Toni da Silva haben sich gekümmert. Mittlerweile ist es so, dass unsere zwei Mexikaner ganz gut deutsch verstehen. Sie sind fleißig am Lernen.
Netzeitung: Schon zwei Mal in dieser Saison sind die Stuttgarter nach Rückständen wieder zurückgekommen. Es heißt, die Mannschaft habe Leidenschaft ...
Gomez: In der Truppe passt alles sehr gut. Wir verstehen uns und haben einen Teamgeist entwickelt. Nur so ist es auch möglich, dass man zu Zehnt noch ein Spiel gewinnt oder nach einem 0:2-Rückstand das Spiel noch dreht.
Netzeitung: Am Samstag empfängt der VfB Stuttgart Eintracht Frankfurt. Gehen Sie davon aus, wieder von Anfang an zu spielen?
Gomez: Der Trainer hat noch nichts gesagt. Aber ich hoffe, dass ich zeigen darf, dass ich wieder so gut spielen kann wie in Bremen.
Netzeitung: Sie haben mit Ihren 21 Jahren schon einige große Trainer erlebt. Felix Magath, Giovanni Trapattoni, nun Armin Veh ...
Gomez: Und auch Matthias Sammer...
Netzeitung: Vier Toptrainer in vier Jahren. Und lauter unterschiedlich Typen ...
Gomez: Das stimmt. Jeder hat seine eigene Vorstellung vom Fußball. Und ich habe von jedem unheimlich viel gelernt. Für mich als junger Spieler stand aber bei jedem Trainer im Vordergrund, mich zu zeigen und mich in die Mannschaft zu spielen.
Netzeitung: Zwischen Trapattoni und Veh muss es doch aber mindestens einen krassen Unterschied geben?
Gomez: Der große Unterschied ist, dass Giovanni Trapattoni sehr ergebnisorientiert, sprich, sehr defensiv hat spielen lassen. Erstmal musste hinten alles sicher stehen und dann sollte der Moment kommen, wo man den Abschluss sucht. Das hat beim VfB nicht so recht funktioniert, weil die Fans von den «jungen Wilden» gewöhnt waren, dass sie immer nach vorne spielen. Armin Veh fördert die offensive Spielweise und den Kombinationsfußball.
Netzeitung: Sicher macht Ihnen das als Stürmer mehr Spaß?
Gomez: Ich hatte auch unter Giovanni Trapattoni sehr viel Spaß. Er hat mich endgültig zum Fußball-Profi gemacht. Dafür kann ich mich nur bedanken.
Netzeitung: Was trauen Sie dem VfB Stuttgart in dieser Saison zu?
Gomez: Es ist schwer, in dieser frühen Phase etwas zu sagen. Bisher haben wir zwei Gesichter gezeigt. Gegen Nürnberg haben wir grottenschlecht gespielt, aber auch zwei Mal auswärts gewonnen. Wir müssen jetzt einfach Kontinuität reinkriegen und regelmäßig gewinnen. Dann ist auch mehr drin, als uns viele zutrauen.
Netzeitung: Und was trauen Sie sich persönlich zu? Haben Sie die Europameisterschaft 2008 und die A-Nationalmannschaft im Hinterkopf?
Gomez: So weit im Voraus denke ich nicht. Ich plane von Spiel zu Spiel.